Rechtspopulismus verstehen: Die Saga vom Staats- und Systemversagen (Teil 5)

In Teil 1 habe ich das Phänomen des Rechtspopulismus inhaltlich skizziert. Es handelt sich dabei um ein recht lockeres, in sich nicht gerade stimmiges Konglomerat aus philosophisch ausgesprochen fragwürdigen Konzepten wie dem des Nationalismus und des Rassismus, der Autoritätsgläubigkeit, der Ablehnung einer liberalen und offenen Gesellschaft, einem Hang zu Verschwörungstheorien in Kombination mit Opferrolle, Feindbildern und akutem Krisenszenario.

Meine ideologische Analyse in Teil 2 hat ergeben, dass es sich dabei um eine Spielart des Kommunitarismus handelt, also eines Gerechtigkeitsmodells, das eine straff hierarchisch geordnete Gemeinschaft über das Individuum stellt, dem Wohl dieser Gemeinschaft alles andere unterordnet, klare normative Unterschiede zwischen Zugehörigen und Außenstehenden macht und aktiv für eine Erziehung zur richtigen Gesinnung der Gemeinschaftsmitglieder eintritt.1)Falls es Sie interessieren sollte, warum der Kommunitarismus ein philosophischer Irrweg ist – Andreas Edmüller: Plädoyer für die Freiheit und gegen die Gleichheit. KDP, 2013.

In Teil 3 habe ich gezeigt, dass unsere politische Kultur leider immer stärker von kommunitaristischen Argumenten geprägt wird. Dadurch werden die eigentlich liberalen Grundlagen unserer Gesellschaft und Verfassung immer weiter geschwächt und ausgehöhlt. Die Verschwörungstheorie vom bösen Neo-Liberalismus verstärkt diese Entwicklung. Die gleiche Diagnose gilt für politisches Handeln: Wir leben mittlerweile in einem Universalstaat, der kaum noch prinzipielle Grenzen der Zuständigkeit anerkennt und respektiert. Das Ergebnis ist eine Selbstschwächung der Bundesrepublik durch zunehmend konzeptionslose Verzettelung in einer Fülle von Aktivitäten. Sogar die staatlichen Kernaufgaben der inneren und äußeren Sicherheit leiden mittlerweile deutlich unter dieser Entwicklung.

Teil 4 widmet sich den Folgen dieser Selbstschwächung für die politische Mentalität. Erstens gehen die Glaubwürdigkeit des Staates bei „seinen“ Bürgern und deren Vertrauen in seine Problemlösungsfähigkeit Schritt für Schritt verloren. Zweitens wurde das eigentlich durch unsere Verfassung gesetzte liberale Gerechtigkeitskonzept während der letzten Jahrzehnte so stark verwässert, dass es seine Rolle als gesellschaftliche Konsensbasis kaum noch erfüllen kann. Drittens führen der Universalstaat und dessen politische Kultur der umfassenden Betreuung in allen Lebenslagen zur Infantilisierung der Bürger. Der Ruf nach Vater Staat als Problemlösungsinstanz erfolgt immer schneller und selbstverständlicher. Dadurch aber nehmen Verzettelung und Selbstschwächung weiter zu: Der Teufelskreis des Universalstaates.

Die meisten Elemente meiner Erklärung für die zunehmende Akzeptanz rechtspopulistischer Vorstellungen liegen damit auf dem Tisch. Bevor ich sie zusammenführe, möchte ich aber meine Fragestellung noch einmal genauer bestimmen:

  • Die Basis für den Rechtspopulismus ist in jeder größeren Gesellschaft eigentlich dauerhaft vorhanden; daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern: Irrationale und normativ fragwürdige Konzepte wie Nationalismus, Rassismus, Autoritätsgläubigkeit wird es immer geben. Gleiches gilt für die Scheu oder sogar Furcht vor dem Unbekannten oder einschneidender Veränderung, Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben. Auch eine gewisse Angst vor Eigenverantwortung, Selbständigkeit und individueller Freiheit spielt da sicher eine beachtliche Rolle.2)Eric Hoffer: The True Believer. New York, 1951. Dieser Klassiker liefert sehr wertvolle Einsichten in die Attraktivität diverser Spielarten des Kommunitarismus. Diese Dinge ganz überwinden oder beseitigen zu wollen zeugt von eklatantem Mangel an Realitätssinn. Menschen sind halt Menschen – und es gibt nichts, was es nicht gibt.
  • Worum geht es mir dann? Meine Frage zielt weniger auf die inhaltliche Attraktivität des rechtspopulistischen Gebräus, sondern auf die Entwicklung und den Verbreitungsgrad dieser Ideen: Wie ist die während der letzten Jahre so rapide zunehmende Akzeptanz rechtspopulistischer Vorstellungen zu erklären – gerade in „eigentlich liberalen“ Staaten wie Deutschland, Österreich, Frankreich, Großbritannien oder den USA?

Unplausible Erklärungen

Bevor ich mich dieser Frage widme, betrachte ich einige sehr verbreitete aber meines Erachtens untaugliche Antworten bzw. Erklärungen. Sie fallen zu oberflächlich bzw. nichtssagend aus.3)Diese Umfrage ist in der Tendenz durchaus repräsentativ für rechtspopulistische Bewegungen: https://www.focus.de/politik/deutschland/waehleranalyse-fuer-ostdeutschland-afd-bei-maennern-und-berufstaetigen-besonders-stark_id_11066540.html

Der Schwung des Rechtspopulismus kommt von Protestwählern. Diese These ist im Grunde nichtssagend. Gerade wenn ich meinen Unmut „über das System“ oder „über die Politik“ ausdrücken möchte, wähle ich doch nicht eine Partei, die meinen Überzeugungen signifikant entgegensteht. Wenn Sie z.B. traditioneller CSU-Wähler und sehr unzufrieden sind – wählen Sie dann „aus Protest“ die Kommunisten? Ich bin auch unzufrieden mit dem Universalstaat. Als Liberaler komme ich aber nicht im Traum auf die Idee, „aus Protest“ die SED-Nachfolger oder die AFD zu wählen. Protest führt auf dem Stimmzettel vielleicht zu Extremen – aber wahrscheinlich in die Richtung, die durch die Grundeinstellungen des Protestierenden gegeben ist. Die Frage taucht also sofort in neuem Gewand auf: Warum wählen so viele Wähler aus Protest gerade die Rechtspopulisten (und nicht z.B. die Liberalen)?

Der Schwung des Rechtspopulismus kommt von den sozial Schwachen oder Benachteiligten. Diese These ist empirisch leicht zu widerlegen. Die allermeisten Umfragen zeigen, dass der Rechtspopulismus in allen sozialen Schichten Anhänger hat. Dies gilt für die USA und die Wählerschaft Trumps, England und die Brexiteers, die Lega Nord in Italien, die FPÖ in Österreich und bei uns für die AfD. Es sind nicht in erster Linie die wirtschaftlich oder sozial Schwachen, die den Rechtspopulismus unterstützen.4)Dieser Personenkreis tendiert sogar überdurchschnittlich dazu, an Wahlen gar nicht teilzunehmen. Die gibt es natürlich, vielleicht auch etwas stärker vertreten als bei anderen Parteien – aber das reicht nicht als belastbare Erklärung des Phänomens Rechtspopulismus. Vielmehr gilt es zu erklären, warum gerade so viele Wähler aus der bürgerlichen Mitte auf einmal den Rechtspopulismus unterstützen.

Der Schwung des Rechtspopulismus kommt von den eher Ungebildeten. Obwohl sich angesichts der Reden und Taten eines Trump, Farage, Strache, Johnson, Salvini, Höcke oder Gauland dieser Eindruck mit geradezu unwiderstehlicher Macht aufdrängt, ist diese These empirisch nicht haltbar. Umfragen zeigen, dass bei den Wählern rechtspopulistischer Parteien und Bewegungen mittlere Abschlüsse stark vertreten sind; der Rechtspopulismus ist keine Bewegung der formal Ungebildeten. Das führt allerdings zu der verwandten Frage, warum so viele prima facie gebildete Zeitgenossen bei politischen Themen ihr Hirn und ihre Vernunft ausschalten.5)Die Quintessenz der Antwort: Die überwiegende Zahl aller Wähler ist über Politik erschreckend uninformiert, fest von Irrtümern überzeugt und systematisch irrational. Dazu kommt aus meiner Erfahrung noch, dass die Fähigkeit zu sinnvoller Argumentation im Bereich des Normativen, also von Moral und Gerechtigkeit, bei den allermeisten Bürgern praktisch nicht vorhanden ist. Bryan Caplan: The Myth of the Rational Voter: Why Democracies Choose Bad Policies. Princeton, 2007. Jason Brennan: Against Democracy. Princeton, 2016.

Der Schwung des Rechtspopulismus kommt von Männern mittleren Alters. Das wiederum stimmt – hat aber für sich genommen wenig Erklärkraft, denn: Warum findet ausgerechnet diese Bevölkerungsgruppe das rechtspopulistische Gebräu in letzter Zeit so gut?6)Den Kern der Antwort finden Sie in Teil 1.

Diese Erklärungsansätze machen es sich also erstens zu einfach und zweitens zu bequem. Es ist viel zu vereinfachend und oberflächlich, singuläre Merkmale wie arm oder ungebildet als Kern einer Erklärung anzubieten. Vor allem aber: Wenn meine Analyse aus Teil 3 und 4 stimmt, dann müssen wir uns der unbequemen Einsicht stellen, dass der von einer breiten und systemkonformen Mehrheit über lange Zeit geforderte und ausgebaute Universalstaat Wegbereiter des Rechtspopulismus ist. Was heißt das genau?

Die Strategie des Rechtspopulismus im Überblick

Die grundlegende Strategie aller rechtspopulistischen Parteien und Bewegungen ist so klar wie einfach: 

  • Schritt 1: Das bestehende System soll durch harte, beständige und unnachgiebige Kritik diskreditiert werden.
  • Schritt 2: Die kritisierten Schwachstellen werden als irreparables Systemversagen interpretiert.
  • Schritt 3: Die eigene Partei oder Bewegung wird als einzig mögliche Rettung verkauft.

Für die ersten beiden Schritte erfreut sich der Rechtspopulismus der wirkungsvollen Unterstützung durch die Vertreter des Universalstaates; bei Schritt 3 verlässt er sich in erster Linie auf die Attraktivität eines so verbreiteten wie fundamentalen Denkfehlers und ein latent vorhandenes Reservoir an rechtsextremen Meinungsbildern und Einstellungen. Schauen wir uns die Details an.

Schritt 1: Kritik des bestehenden Systems

Die inhaltlichen Ansatzpunkte für die Kritik des Bestehenden liefert der von mir ausführlich skizzierte Prozess der Selbstschwächung des Universalstaates. Der Rechtspopulismus greift natürlich konsequent diese Schwachstellen bzw. die daraus resultierende Unzufriedenheit auf und verstärkt sie durch seine Erzählung vom Staatsversagen. Damit hat er relativ leichtes Spiel, weil der Staat bzw. die Regierung oft genug tatsächlich sehr unentschlossen agiert. Das hat mit dem Phänomen der Verzettelung zu tun, aber auch mit der in Teil 4 erläuterten Unfähigkeit, sinnvolle Kompromisse zu erzielen und auf deren Basis entschlossen zu handeln. 

  • Ein leider sehr aussagekräftiges Beispiel dazu ist das Thema Flüchtlinge. Bis heute haben wir es nicht geschafft, auf die Problemlage legislativ angemessen zu reagieren – ein klarer Fall von ideologisch bornierter, universalstaatlicher Selbstschwächung.7)Ich habe das leider so kommen sehen: https://blog.projekt-philosophie.de/liberalismus/menschenwuerde-und-integration/
  • Ein zweites Beispiel liefert die Debatte um den Brexit. Die Remainers bzw. Befürworter der EU haben es über Jahre hinweg bis heute nicht geschafft, Konsens zu einem geeinten Auftreten und einer klare Argumentationslinie zu erzielen. Das Resultat: Sie wurden von den englischen Rechtspopulisten einfach über den Haufen gerannt.

Warum aber ist die Ausprägung politischer Unzufriedenheit zur Staatsverdrossenheit erst in der jüngeren Vergangenheit in einem größeren Ausmaß zu beobachten? Für Liberale ist die Antwort klar: Über Jahrzehnte hinweg konnten die Schwachstellen des Universalstaates durch Umverteilung und Schulden kaschiert werden. Man hat die Probleme einfach mit Geld abgemildert, deren Ursachen aber nicht behoben.

  • Ein konkretes Beispiel: Der Zuschuss zur Rentenkasse aus Steuermitteln ist stetig gewachsen, ist mittlerweile aber der größte Posten im Bundeshaushalt und in einer halbwegs zukunftsorientierten Planung nicht mehr tragbar. 

Das Problem für den Universalstaat: Der Punkt, ab dem die Verzettelung nicht mehr durch erhöhten Mitteleinsatz abgemildert werden kann, ist erreicht bzw. überschritten. Die Mittel reichen einfach nicht mehr und die üblichen Beschaffungsmaßnahmen – höhere Steuern und höhere Schulden – funktionieren nicht mehr (so einfach). 

Diese Steilvorlage des Universalstaates nutzen die Rechtspopulisten natürlich: Erstens zeigen sie zum Teil tatsächlich existierende Schwachstellen auf und gewinnen dadurch an Glaubwürdigkeit in den Augen der Bürger. Zweitens übertreibt und dramatisiert der Rechtspopulismus ins Krisenhafte und verstärkt dadurch den Eindruck der Dringlichkeit und Wichtigkeit. Vor diesem Hintergrund wirkt das oft langsame, unentschlossene und kleinteilige Handeln der Regierung dann noch kraftloser als es eh schon ist. Der Staat bzw. die Regierung verliert dadurch noch mehr an Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Das Resultat: Zunehmende Staatsverdrossenheit.

Das alleine erklärt allerdings noch nicht, dass die Bürger vermehrt den Rechtspopulismus unterstützen. Diese ganze Unzufriedenheit könnte ja auch in eine Hinwendung zum Liberalismus oder in eine systembewahrende Reform des Universalstaates münden. Warum geschieht das nicht? Hier kommt der nächste Baustein der rechtspopulistischen Strategie ins Spiel.

Schritt 2: Behebbare Schwachstellen, Staatsversagen oder Systemversagen?

Der Rechtspopulismus liefert zu seiner Kritik natürlich auch eine Analyse mit: Er erklärt das Staatsversagen zum Systemversagen. Was heißt das – und warum funktioniert das? Hier die Kernelemente der rechtspopulistischen Erzählung vom Systemversagen:

  • Wir haben es nicht lediglich mit nachvollziehbaren und reparablen Schwachstellen, korrigierbaren politischen Fehlentwicklungen oder persönlichem Unvermögen diverser Politiker zu tun. Nein – das ganze System funktioniert nicht (mehr)! Und nicht nur das – das System ist darüber hinaus auch noch zutiefst ungerecht! 
  • Abgerundet wird das Ganze durch die Opfer-These: Die Leidtragenden dieser durch ein dysfunktionales und ungerechtes System bzw. die global-liberalen Eliten erzeugten Missstände sind wir, die normalen, anständigen, „einheimischen“ Bürger, für die das System eigentlich da sein sollte. Das Fazit des Rechtspopulisten: Wir brauchen ein neues System! 

Wirkungsvolle Unterstützung kommt natürlich wieder einmal von den Betreibern unseres Universalstaates. Viele seiner Vertreter erklären sich nämlich groteskerweise gerade in der Auseinandersetzung mit den Rechtspopulisten zu aufrechten Verteidigern der liberalen Werte unserer Verfassung – obwohl sie selbst für eine in weiten Teilen kommunitaristische Agenda stehen und diese auch bis heute fleißig umsetzen. Das schaffen sogar die SED-Nachfolger, die sich frech und unverschämt im Vergleich zur AfD als staats- und verfassungstragende Partei präsentieren – und von ihren Koalitionspartnern in Ländern wie Berlin, Thüringen oder Bremen in dieser betrügerischen Selbstdarstellung auch noch unterstützt, bekräftigt und bestätigt werden. 

Die Rechtspopulisten freuen sich darüber: 

  • Erstens ist diese Argumentationslinie offensichtlich unglaubwürdig – wer neben und mit den SED-Nachfolgern im Namen von Gerechtigkeit und Moral gegen die AfD zu Felde zieht, wäre tatsächlich besser zu Hause geblieben. 
  • Zweitens wird damit die Kritik der Rechtspopulisten direkt auf eine verfassungsmäßige Grundordnung gelenkt, die die Vertreter des Universalstaates selbst erkennbar über Jahrzehnte hinweg Schritt für Schritt geschwächt haben – und die gerade nicht für die Schwachstellen des Universalstaates in Verantwortung genommen werden kann. 
  • Zusammen mit der bereits ausführlich diskutierten Verschwörungstheorie vom bösen Neo-Liberalismus wird so das liberale System in die Verantwortung für die Schwächen des Universalstaates genommen und gleichzeitig der eigentlich sinnvolle Weg verbaut, die Individualrechte und eine liberale Grundordnung gegen den Rechtspopulismus argumentativ ins Feld zu führen und auf dieser Basis eine glaubwürdige und erfolgversprechende Reformpolitik zu entwickeln. Noch einmal: Der erklärte Feind aller rechtspopulistischen Bewegungen (übrigens auch ihrer linken Kollegen) ist der Liberalismus!

Anders ausgedrückt: Wenn man den Bürgern immer wieder vermittelt, unsere liberalen Werte seien zwar die besten, der Liberalismus aber für die meisten Übel dieser Welt verantwortlich, dann braucht man sich nicht wundern, wenn viele Bürger sich so langsam nach Alternativen zur bestehenden Gesellschaftsordnung umsehen. Und da über Jahrzehnte hinweg die Gemeinschaft gegen den Einzelnen aufgewertet wurde, haben kommunitaristische Ansätze wie der Rechtspopulismus plötzlich vergleichsweise leichtes Spiel. 

  • Das Musterbeispiel für die von mir skizzierte Entwicklung liefern gerade die USA. Die evangelikalen Christen haben über Jahrzehnte hinweg durch konsequente und systematische Dauerpropaganda den Geist der Verfassung zerstört, Individualrechte, Wissenschaften, Bildung und öffentliche Vernunft diskreditiert und machen sich jetzt mit Hilfe des Auserwählten Donald Trump daran, ihre rechts-kommunitaristischen Vorstellungen einer wohlgeordneten Gesellschaft umzusetzen.8)A.F. Alexander: Religious Right. The Greatest Threat to Democracy. Colorado Springs, 2011. Frances FitzGerald: The Evangelicals: The Struggle to Shape America. New York, 2017.

Mein Fazit: Wenn die bestehende Ordnung erst einmal mit Hilfe der Erzählung vom Staats- und Systemversagen und der Verschwörungstheorie vom bösen Neo-Liberalismus spürbar geschwächt und diskreditiert ist, wird die Frage nach einem besseren System plötzlich wieder relevant. Und genau das ist bzw. war das Ziel der Rechtspopulisten: Erst einmal das bestehende Gesellschaftssystem schwächen und diskreditieren. Genau das haben sie während der letzten Jahre mit einem gewissen Erfolg betrieben. 

Damit ist zwar die Frage beantwortet, warum der Rechtspopulismus wieder als „ernsthafte“ Alternative aus der Versenkung aufgetaucht ist. Offen ist noch, warum er auf einmal für so viele Wähler so attraktiv ist. Meine Erklärung findet sich im nächsten Teil.

Zum Schluss noch eine Bitte in eigener Sache

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PD Dr. Andreas Edmüller, 21. September 2019

References   [ + ]

1. Falls es Sie interessieren sollte, warum der Kommunitarismus ein philosophischer Irrweg ist – Andreas Edmüller: Plädoyer für die Freiheit und gegen die Gleichheit. KDP, 2013.
2. Eric Hoffer: The True Believer. New York, 1951. Dieser Klassiker liefert sehr wertvolle Einsichten in die Attraktivität diverser Spielarten des Kommunitarismus.
3. Diese Umfrage ist in der Tendenz durchaus repräsentativ für rechtspopulistische Bewegungen: https://www.focus.de/politik/deutschland/waehleranalyse-fuer-ostdeutschland-afd-bei-maennern-und-berufstaetigen-besonders-stark_id_11066540.html
4. Dieser Personenkreis tendiert sogar überdurchschnittlich dazu, an Wahlen gar nicht teilzunehmen.
5. Die Quintessenz der Antwort: Die überwiegende Zahl aller Wähler ist über Politik erschreckend uninformiert, fest von Irrtümern überzeugt und systematisch irrational. Dazu kommt aus meiner Erfahrung noch, dass die Fähigkeit zu sinnvoller Argumentation im Bereich des Normativen, also von Moral und Gerechtigkeit, bei den allermeisten Bürgern praktisch nicht vorhanden ist. Bryan Caplan: The Myth of the Rational Voter: Why Democracies Choose Bad Policies. Princeton, 2007. Jason Brennan: Against Democracy. Princeton, 2016.
6. Den Kern der Antwort finden Sie in Teil 1.
7. Ich habe das leider so kommen sehen: https://blog.projekt-philosophie.de/liberalismus/menschenwuerde-und-integration/
8. A.F. Alexander: Religious Right. The Greatest Threat to Democracy. Colorado Springs, 2011. Frances FitzGerald: The Evangelicals: The Struggle to Shape America. New York, 2017.

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